
Kartenskizze
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"Sentiero
Roma" auf der Südseite des Bergell |

Cappuchino-Bar
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"Bürgermeister-Touren" der
Tourengruppe unter der Organisation von Andreas Teufel
(von Beruf Verwaltungsbeamter, daher der Spitzname) haben
seit vielen Jahren Tradition. Diesmal soll es ins Bergell
gehen, rund um das Val Masino, auf Teilstücken des
Sentiero Roma. Wir treffen uns zu elft in Cataeggio,
einem verwinkelten Dorf, eingezwängt in das enge Tal
zwischen himmelhohen Granitflanken und fast mit diesen
verwachsen. |

Taktiken im Regen
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Der Anstieg zum Rifugio Ponti (2559
m), unserer ersten Hütte, wird ungeplant gleich zum
Konditionstest - denn die Auffahrt zum hochgelegenen
Parkplatz ist wegen eines Bergsturzes nur noch mit
Geländewagen zu befahren und so werden aus anderthalb
Stunden Aufstieg fünf und aus 350 Höhenmeter
werden 1400. Dazu regnet es die erste Hälfte in
Strömen. Ob vom Regen oder unter Regenkleidung vom
Schweiß - tropfnass wird jeder, da helfen auch keine
Hightec-Membranen. |

Preda Rossa
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Rifugio Ponti
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Die Hütte ist zugleich der Stützpunkt für
den Normalaufstieg auf den Monte Disgrazia (3678 m),
einen klassischen Alpengipfel und den höchsten Berg des
Bergell, der aber guten Bergsteigern mit
Gletscher-Ausrüstung vorbehalten bleibt. Trotz Ankunft
am Abend erhalten wir noch ein gutes Abendessen - nur den
Kaffee können wir hier nicht empfehlen, erst die
folgenden Hütten haben einen Cappuchino-Automat. |

Im Blockgelände
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neuer Gletschersee
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Am
geplanten Pausentag erkunden wir bei mäßigem Wetter
jenseits des Passo di Corna Rossa die Südseite des Monte
Disgrazia und entdecken dabei einen Gletschersee, der
sich erst in den letzten Jahren durch den Rückgang des
Eises bilden konnte. |

Monte Disgrazia
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Rund ums italienische Yosemite Der nächste Tag aber bringt uns
"Kaiserwetter" - gerade recht für die längste
Etappe auf dem Sentiero Roma, den wir die nächsten Tage
(in Gegenrichtung zur üblichen Richtung) begehen werden.
Dieser Höhenweg verläuft entlang der gesamten Südseite
des Bergell und quert die zahlreichen, von
Italienisch-Schweizer Grenzkamm nach Süden streichenden
Seitenkämme, führt also mitten hindurch durch die
Granitlandschaft der Alpen. Die jeweiligen Scharten in
den Seitenkämmen sind steil und ausgesetzt, jedoch mit
Ketten versichert und als leichte Klettersteige
einzustufen. Wer keine Erfahrung damit hat, sollte
unbedingt ein Klettersteigset zur Selbstsicherung
verwenden. Erstaunlicherweise ist diese einmalige Route
auch im italienischen Ferienmonat August nicht
überlaufen, dennoch sollte man sich auf den jeweiligen
Hütten telefonisch anmelden. Einen Vorgeschmack der
Anforderungen bekommen wir gleich beim ersten Anstieg zur
Bocchetta Roma (2898 m), der durch unwegsames
Blockgelände führt. Hierin braucht es Erfahrung oder
die erforderliche Gewandtheit. Leider muss Peters
Freundin, die als Gast mitgeht, einsehen, dass ihr beides
noch fehlt. Beide kehren um - und so sind wir nur noch
neun...
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Bocchetta Roma |

Torrone-Gipfel |

Torrone-Gipfel |

Val di Mello
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Die Mühe der folgenden Wegstunden durch die
Blockfelder wird durch den Tiefblick auf das grüne, von
Granitwänden umstandene Val di Mello (Sportkletterdorado
der Granit-Liebhaber schlechthin), sowie die spitzen
Zacken der Berge im Grenzkamm und vor allem im Rückblick
die beherrschende Gestalt des Monte Disgrazia reichlich
aufgewogen. |

Traumberg Disgrazia |
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Passo Cameraccio
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Der Abstieg vom
Passo Cameraccio (2950 m, dem höchsten Punkt der Tour)
verläuft ganz im Bann der nahen, fast erdrückenden
Granitwände. Die Auflage des südseitigen Eisfeldes auf
den Felsen ist sichtlich nur noch gering - wie lange sich
dieser Schmuck hier wohl noch halten kann? Spalten gibt
es im Bereich des Höhenwegs (hoffentlich, aber niemand
nimmt hier das Seil) keine. Als wir wieder bei der ersten
Wiese sind, haben wir uns, reichlich spät, eine längere
Pause verdient.
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wenig Eis |

Torrone Orientale |

Passo Val Torrone
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glückliche Gesichter
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Der Aufstieg auf
die letzte der drei heutigen Scharten, der Passo Val
Torrone (2518 m), verlangt konditionell mit dem
Wochen-Rucksack auf dem Buckel nochmals einiges ab. Auf
der anderen Seite ist das Gelände sanft und läuft beim Rifugio
Bonacossa (2385 m) aus, wo wir nach zehn Stunden
Gehzeit einlaufen. Ein Lawinenabgang vor einem Jahr hat
die oberen Stockwerke der benachbarten Hütten Allievi
und Bonacossa abgedeckt, der Wiederaufbau läuft aber
bereits parallel zum Hüttenbetrieb. Für einige von uns
war die heutige Tour auf der "Königsetappe"
sehr anstrengend. Sie wollen die nächsten zwei Etappen
im Tal umgehen und uns auf der übernächsten Hütte
wieder treffen.
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Punta Rasica |

fürsorglich |

"arktisch" |
Da waren es also nur noch fünf, die am
nächsten Tag zum Rifugio Gianetti (2534 m) weiter
ziehen, gewürzt mit Klettersteig-Einlagen an den drei
Pässen, die sich auch heute wieder in den Weg stellen.
Die Granitfluchten ragen in graue feuchte Wolken - so
stellt man sich die Berge in Norwegen oder Grönland vor.
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Passo del Camerozzo |

Klettersteigpassage
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Rifugio Gianetti |
Die
gut besuchte Hütte ist Stützpunkt für den
Normalanstieg zum Piz Badile bzw. für den Abstieg der
Kletterer, welche die berühmte Nordkante auf Schweizer
Seite begehen. Wie auch auf den anderen Hütten ist das
Abendessen lecker aber nicht sehr reichhaltig. Pasta als
Vorspeise (anstelle von Minestrone) ist deshalb
unabdingbar um die nötigen Kohlenhydrate einzusammeln! |

Piz Badile |

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Der
Höhenweg als Marathon Ein heftiges Gewitter in der Nacht sorgt
dafür, dass meine auf der Bank vor der Hütte
vergessenen Socken zwar nicht trocken, aber dafür frisch
gewaschen sind - ebenso wie die weiß überzuckerten
Granitklötze um Piz Badile und Piz Cengalo, welche sich
im besten Licht präsentieren. Zur Hütte findet heute
ein Berglauf-Rennen statt. Offizielle wie Proviant werden
kurzerhand mit drei Hubschrauber-Flügen hier herauf
befördert. Das Rennen selbst verpassen wir aber. Dieser
Berglauf führt "nur" vom Tal bis zur Hütte,
ein ganz verrücktes Ding ist aber die "Trofeo
Kima", die rund um das Val Masino auf dem Sentiero
Roma führt, über 48 km und 3000 Höhenmeter nur
Aufstieg, lediglich um eine Etappe kürzer als unsere
Wochentour. Die Siegerzeit am 26.08.2002 sollte dann 6 h
14;05 min betragen und auch die schnellste Frau blieb
unter acht Stunden. "Die spinnen, die Römer"
würde Obelix sagen.
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Cima del Calvo |

Piz Cengalo |

Bergkessel |

Valle Porcelizzo |

Val Codera
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Wir erreichen
nach einer Gehstunde den Passo Barbacan (2650 m), der ins
tief eingeschnittene Val Codera überleitet. Dort geht's
steil hinunter, vorbei an der längst aufgelassenen Alpe
Averta deren einfache Hütten wie Fels-Iglus anmuten.
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Stein-Iglus |

Rifugio Brasca
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Unten im bewaldeten Talgrund ist
neben Almen und Ferienhäusern auch das Rifugio Brasca
(1304 m). Wir lagern in der Wiese davor, Hühner
picken zwischen den Rucksäcken und bald kommen unsere
vier Talwanderer von Novate (212 m) herauf, wo sie
gestern in einer Turnhalle (!) umsonst übernachtet haben
- nach der Karte hatten sie dort eine Jugendherberge
vermutet. Dieser Aufstieg durch das wildromantische Tal
mit Dörfern ohne Straßenverbindung ist der übliche
Beginn des Sentiero Roma.
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Piz Ligoncio
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Bivacco Valli
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Anderntags geht's wieder zurück
ins Val Masino. Wir nehmen hierzu die wenig begangene
Route über den Passo Ligoncio (2574 m). Fast zugewachsen
ist der Pfad zwischen Wasserfällen hinauf zum von
steilen Wänden umstandenen Kessel um das Bivacco C.
Valli (ca. 1950 m, zu tief in den Karten eingezeichnet).
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ungesichert
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Grasband
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Dann geht es
immer steiler über blockige Wiesen auf die das Kar
umschließende Felsmauer zu - ein Rätsel wo diese zu
überwinden ist. Bis wir näher kommen und eine Rinne mit
geneigten Felsen daneben entdecken. Der Schlussanstieg
ist ein Klettersteig (die ersten Meter ungesichert), mit
nicht immer ganz zuverlässigen Sicherungen. Zuletzt
hangeln wir uns entlang eines sehr luftigen Grasbandes.
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Codera-Tal |

Granitfluchten |

Rifugio Omio
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Bagni di Masino
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Der
Abstieg zum Rifugio Omio (2100 m) ist kurz und
leicht. Nachmittags scheint noch die Sonne, am Abend aber
überrascht uns und unsere aufgehängte Wäsche ein Guss
und so müssen wieder Sachen gerettet werden, die
eigentlich trocknen sollten. Mit dem Abstieg nach Bagni di Masino
schließt sich der Kreis - auch was das Wetter anbelangt,
denn wie am ersten Tag regnet es in Strömen...
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Da
unser "Bürgermeister" eine Familienpause
einlegen wird, war diese Woche das vorläufige Ende eine
langen Reihe seiner Tourenwochen. Ersatz ist bereits
gefunden: nächsten Sommer auf dem Karnischen Höhenweg
wird daraus ein "Finanzjongleurs-Trek"! |
Info:Anreise:
Schweizer Rheintal - San-Bernardino-Route -
Splügenpass - Chiavenna - Nordufer des Comer Sees -
Morbegno - Val Masino
Karten: Kompass-Wanderkarten
1:50.000 Nr. 92 "Chiavenna-Val Bregaglia" und
Nr. 93 "Bernina-Sondrio". Viel genauer, aber
ohne Markierungen ist die Schweizer Landeskarte 1:25.000
Nr. 1296 "Sciora"
Eine Beschreibung
ist im "Bergsteiger" Heft 1/2002 Seite 38 ff.
enthalten Die Hütten sind auf Halbpension eingerichtet,
die (schon mit dem Mitglieder-Rabatt) ca. 35 Euro kostet.
Dusche gegen Aufpreis.
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